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Sie wird uns fehlen

Der Historische Verein auf ihrem 90. Geburtstag

Die Mitglieder des Vereins Historisches Dorf Dahlewitz erreichte die traurige Nachricht, dass am 17. Januar 2022 unsere Ehrenvorsitzende und Gründungsmitglied Vera Seidel, gestorben ist. Sie wurde 94 Jahre.

Fast 40 Jahre lang hat sie durch ihr unermüdliches Engagement, ihre Neugier und Leidenschaft die Geschichte von Dahlewitz und unseres Vereins geprägt. Bis in hohe Alter war sie rastloser Motor und Ideengeber unserer Vereinsarbeit. Mit ihr gemeinsam konnten wir viele Aktionen und Projekte realisieren. Nur durch ihr ständiges Nachfragen, Anschubsen und Organisieren konnte der Verein die Anerkennung in der Öffentlichkeit erringen, die er heute vorweisen kann.

Es begann 1984 als in der DDR dazu aufgerufen wurde, sich mit der Heimatgeschichte zu beschäftigen. Am Gartenzaun wurde mit Frau Lochmann der Grundstein für eine Ortsgruppe gelegt.

Erste Aktionen waren Bilderausstellungen in Schaufenstern, Organisierung von Vortragsabenden und Aufrufe zur Mitarbeit. Wir sammelten alles, was wir in die Hände bekamen. Der Rat des Kreises wollte Frau Seidel anleiten, aber sie hatte oft ganz andere Themen und ihren eigenen Kopf. 1988 erschien die erste große Veröffentlichung der „Historische Lehrpfad Dahlewitz“ im Heimatkalender. Er wurde viele Jahre an der Dahlewitzer Oberschule für die neuen 7. Klassen zum Bekanntmachen mit dem Ort genutzt.

9. März 1994 Der Dahlewitzer Wasserturm erhält eine neue Turmhaube

Die Wende brachte neue Möglichkeiten. Vera Seidel blieb nicht auf dem Pfad des Sammelns und Darstellens historischer Begebenheiten, sie wollte auch Veränderungen anstoßen und durchsetzen. Die Schar der Interessenten und Begeisterten wurde größer. Ein erster Erfolg war 1994 die Fertigstellung und der Aufsatz der erneuerten Wasserturmhaube nach historischem Vorbild.

Ein großer Erfolg unserer Ortsgruppe wurde unter ihrer Leitung die Herausgabe der Broschüre „Dahlewitz in Wort und Bild“, die bis heute ein Leitfaden zur Geschichte unseres Ortes darstellt. 1998 wurde aus der Ortsgruppe ein Verein, dessen Vorsitzende sie viele Jahre war. Es ist nicht möglich alle Ausstellungen und Initiativen zu beschreiben, aber der Höhepunkt war die 700 Jahrfeier 2005, die wir eigentlich Vera Seidel zu verdanken haben, denn sie hatte im Geheimen Staatsarchiv Berlin die Urkunde zur Ersterwähnung 1305 entdeckt.

2005 erhielt sie als eine der ersten in der Gemeinde die Ehrenurkunde in Anerkennung und Würdigung ihrer besonderen ehrenamtlichen Verdienste.

Besonders bekannt wurde sie über Gemeindegrenzen hinaus durch ihren unermüdlichen Einsatz für die Verbreitung des Lebenswerkes von Bruno Taut (Architekt 1880-1938), dessen Wohnhaus in der Wiesenstraße in Dahlewitz steht. Sie hatte den Impuls gegeben und leistete die Pionierarbeit. Angeregt und unterstützt durch die Forschungen von Professor Speidel, den sie sehr schätzte konnte sie durchaus einen Beitrag leisten zur Bereicherung der Erfassung des Lebenswerkes von Bruno Taut.

1993 Eröffnung der Bruno Taut Ausstellung in Dahlewitz

Von 1993 bis 2018 gestaltete und organisierte sie Ausstellungen und baute Kontakte zu Tautkennern und zur Familie aus. Besonders hervorzuheben ist die Ausstellung zum 70. Todestag von Bruno Taut 2008, die bis heute große Anerkennung erfährt.

Zu gern hätte sie auch die Gemeinschaftsausstellung mit Bildern, Zeichnungen und Aquarellen von BrunoTaut, seiner Enkeltochter Christine Schily und der Bewohnerin des Taut Hauses Hanna Dippner im September 2021 eröffnet, aber
das war auf Grund ihres Gesundheitszustandes nicht mehr möglich. Doch in
ihren Gedanken war sie dabei und sie betonte, dass damit ein Traum für sie in
Erfüllung gegangen war. Viele Materialien über das Leben und die Familie von
Taut besonders in seiner Dahlewitzer Zeit trug sie durch ihre aktiven Bemühungen in unterschiedlichen Archiven zusammen. 2016 übergab sie ein
Großteil ihrer Nachforschungen dem Baukunstarchiv Berlin.

Eine Herzensangelegenheit war ihr die Unterstützung für die Erhaltung des Taut Hauses. Dazu hatte sie eine enge und vertraute Bindung zu den Bewohnern.
Gemeinsam mit ihnen organisierte sie Benefizkonzerte zur Sanierung des Hauses und hierbei entstand auch die später enge Verbindung zu Professor Tanaka in Japan. Ein jahrelanger Briefwechsel (zwischen 2008 0nd 2018) mit gegenseitigem Austausch von Informationen, Veröffentlichungen und Bildern
wurde von ihr in Ehren gehalten.

Bis ins hohe Alter liebte sie die exakte wissenschaftliche Arbeit. So veröffentlichte sie 2018 gemeinsam mit Stephan Rothen das Buch ́“drey braun pferd mit langen swenzen – Die Ritter von Otterstedt auf dem platten Land und up den Teltow“.

Vera Seidel war eine Frau, die das Ehrenamt mit ganzer Person ausfüllte. Wir werden sie schmerzlich vermissen – den Menschen und ihr besonderes Engagement.

Vera Seidel schrieb über Bruno Taut

* 13.06.1927              † 17.01.2022    

„Sein Einsatz für ein

friedfertiges, geistreiches Leben

der Menschen ist von

höchster Notwendigkeit bestimmt

und hat auch weiterhin aktuellen Wert.“

In diesem Sinne danken wir ihr, was sie für uns alle geleistet hat. Wir werden ihr Andenken immer bewahren und unsere Arbeit in ihrem Sinne fortführen.

Sie wird uns fehlen.

Brigitte Lochmann
Historischer Verein Dahlewitz
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